Menschenrechte – Rechte für Menschen?


Am vergangenen Montag, 18.3.19, fand in der 1. und 2.  Stunde für alle Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen am BZB in der Mensa eine außergewöhnliche Veranstaltung statt. Außergewöhnlich in der Wahl des Themas und des Referenten, außergewöhnlich der Rahmen und der Anlass. Auf Initiative von Frau Baumgärtner, die das Thema „Menschenrechte“ sehr intensiv im Unterricht behandelt hatte, kam es zur Vernetzung ungewohnter Partner:

In Frau Mikolitsch, der Leiterin der Bücherei, fand sie eine kompetente Ansprechpartnerin. Frau Mikolitsch ist die Vize- Präsidentin des Ortsclubs der Soroptimist International Ravensburg/Weingarten. Diese weltweit tätige Organisation setzt sich in besonderer Weise für die Rechte von Mädchen und Frauen ein und setzt mit Leitthemen immer wieder neue Akzente in der Politik für Frauenrechte national und international. Das passende Thema und dazu ein bestinformierter Referent waren rasch gefunden. So bot das BZ Bodnegg Raum und Zuhörer, Soroptimist Ortsclub Ravensburg/ Weingarten Referent und Kosten. Was dann im Referat am Montag in den ersten beiden Schulstunden geschah ist mit dem Begriff „außergewöhnlich“ nur ansatzweise erklärt.

In Anwesenheit der Präsidentin des Ortsclubs Ravensburg/Weingarten, Frau Sigrid Scharpf, einer weiteren Vertreterin der Clubleitung und nach der Begrüßung durch Frau Mikolitsch begann der Referent, Herr Manfred Paulus, mit seinem Vortrag. Herr Paulus ist Kriminalkommissar a.D. und war lange Jahre Dezernatsleiter bei der Kripo Ulm. Bekannt wurde er in letzter Zeit auch durch Buchveröffentlichungen zum Thema Menschenhandel und Prostitution. In seinem äußerst lebendigen Vortrag ging Herr Paulus auf die unterschiedlichen Aspekte der „Ware Mensch“ ein. Sind Themen wie illegales Einschleusen von Billigarbeitskräften oder Organhandel immer wieder in der Presse zu finden, gibt es ein zentrales Thema und Problemfeld über das in der Bundesrepublik häufig genug der Mantel des Schweigens gelegt wird- illegale Prostitution. Herr Paulus ist in vielen vor allem osteuropäischen Ländern unterwegs, um dort in Seminaren und Vorträgen junge Menschen über Formen des Menschenhandels und dessen Wege und Strukturen zu informieren. In den ärmsten Ländern des europäischen Ostens, Ländern mit geringen Einkommen und kaum Arbeitsplätzen für junge, oft gut ausgebildete Frauen und Männer, gilt es als große Chance in den reichen Ländern des europäischen Westens sein Glück und Auskommen zu suchen. Er zeigt dort legale Wege auf und warnt vor illegalen Strukturen und deren Arbeitsweisen. Hier in Deutschland ist seine Aufgabe eine andere. So stellte er den Schülerinnen und Schülern klar vor Augen, dass sie in einer Realität leben, um die sie andere beneiden. Soziale Sicherheit, Freiheit und Freizügigkeit, in der Regel zu erwartende gute Einkommen sind europaweit gesehen nicht selbstverständlich.

Anhand einiger, häufig erschreckender Zahlen und an Fallbeispielen zeigte er auf, dass durch die liberale Gesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland illegale Prostitution geradezu gefördert wird. In der Welt des Rotlichtmilieus gelten eigene höchst brutale Gesetze und Rechtssysteme. Ein Menschenleben ist da oft nicht viel wert. Mafiaähnliche Strukturen bescheren einigen wenigen Bossen hohe Einkommen, ihre Opfer geraten ins soziale Aus und werden zu menschlichen Wracks. Die modernen Formen der Sklaverei sind erschreckend und desillusionierend. Sklaverei, die keine Rücksicht auf Alter und Geschlecht nimmt und auch nicht vor Kindern zurückschreckt. Drei Stufen kennzeichnen den Weg ins soziale Elend: Anwerben in den Herkunftsländern, Schleusen aus der Heimat nach Deutschland, Ausbeutung als Sexsklavinnen in deutschen Bordellen und in den entsprechenden Milieus. Seine Aufgabe, so Paulus, sei es, durch seine Vorträge junge Menschen zu informieren und zu sensibilisieren. Gerade hier gelte es das oft vorhandene Schweigen zu durchbrechen und zu ermutigen, eigenes Verhalten zu reflektieren bzw. offensichtliches Unrecht zu benennen und dagegen vorzugehen.

An diesem Morgen herrschte jedenfalls konzentrierte ungeteilte Aufmerksamkeit. Mit starkem Applaus zollten die Schülerinnen und Schüler dem Referenten Respekt und Dank.

Nachdenklich ging es in die große Pause.

(geb)