Interviews zum Thema Homeschooling

Das BZ Bodnegg führte mit Lehrerin Tanja Joseph und Schülerin Stefanie Grabherr je ein Interview zum Thema „Homeschooling“. Frau Joseph ist Klassenlehrerin der Klasse 9d der Werkrealschule.

BZ Bodnegg: Hallo Frau Joseph! Schön, dass du dir die Zeit nimmst, uns ein paar Fragen zum Thema Homeschooling zu beantworten. Und hier kommt gleich die erste Frage: „Homeschooling – Fluch oder Segen?“

Frau Joseph: Sowohl als auch! Segen insofern, als dass ich meinen Schüler*innen Aufgaben direkt zu kommen lassen kann.  Außerdem konnte ich meiner Klasse von zuhause aus eine Einzelbetreuung anbieten. Alle, die beispielsweise einen Aufsatz geschrieben hatten, konnten mir ihren Text zuschicken und erhielten daraufhin eine individuelle Rückmeldung. Fluch insofern, als dass es natürlich auch Schüler gab, die wenig gemacht hatten oder es technisch nicht hinbekommen haben, mit mir in Kontakt zu treten. Außerdem ist das unterrichtliche Geschehen auf digitalem Wege zu vermitteln sehr viel zeitaufwendiger. Hierfür saß ich jeden Tag acht Stunden am PC.

BZ Bodnegg: Worin lag für die dich die größte Herausforderung, als das Homeschooling begann?

Frau Joseph: Die größte Herausforderung lag darin, die Aufgaben so kurz und knackig zu stellen, dass die Schüler nicht frühzeitig aufgegeben haben. Der Grund dafür war, dass ich sehr viele Lesemuffel habe. Für mich persönlich war das Werkzeug Moodle (Anm. der Redaktion: Darüber lief größtenteils die Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern während des Corona-Lockdowns ab) kein Problem, da ich damit bereits seit drei Jahren parallel zur Schule am Seminar arbeite. Ich kann mir aber vorstellen, dass das bei vielen Kollegen anfangs kompliziert war, da es doch sehr viele Einstellungsmöglichkeiten gibt. Selbst ich habe versucht, einen Test zu schreiben und saß 16 Stunden dran, nur um den Test einzupflegen mit dem Ergebnis, dass ich am Ende die Auswertung hatte, dich haben wollte.

BZ Bodnegg: Ist klassischer Unterricht besser?

Frau Joseph: Auf jeden Fall. Lernen funktioniert über Beziehung. Das ist über den Computer nur schwer umzusetzen.

BZ Bodnegg: Hast du Videokonferenzen gemacht und wie liefen sie ab?

Frau Joseph: Ja, es war insgesamt aber befremdlich. Zunächst freute ich mich sehr, meine Schüler*innen wiedersehen zu können und ihre Stimmung mitzubekommen. Anfangs waren aber nur 4-5 Schüler*innen von 16 anwesend. Wie ich herausfand, lag es daran, dass es ihnen vormittags zu früh war. Daher legten wir die Videokonferenz auf den Nachmittag und siehe da: alle waren da. Allerdings hatten die Schüler eine große Hemmschwelle, wenn es darum ging, über den Videochat zu sprechen. Kaum jemand meldete sich. Es war ganz anders als herkömmlicher Unterricht. Am liebsten hätten sie ihr Videosignal wieder deaktiviert. Insgesamt waren meine Schüler*innen sehr gehemmt bei Videokonferenzen.

BZ Bodnegg: Wo siehst du die Chance für digitalen Unterricht?

Frau Joseph: Ich finde digitalen Unterricht als Backup super. Wenn beispielsweise Unklarheiten sind, kann man von zuhause aus Kontakt aufnehmen. Oder wenn jemand ein Risikopatient ist, bzw. Angehörige hat, die Risikopatienten sind, dann ist der digitale Weg prima. Eine weitere große Chance wird es sein, wenn die Materialien gehäuft digital angelegt werden und die Kolleg*innen dann aus diesem Pool heraus die Möglichkeit haben, diese schnell auszutauschen.

BZ Bodnegg: Hallo Stefanie, wie war Homeschooling für dich?

Stefanie: Es war schon eine Umstellung. Aber es war angenehm, etwas später aufstehen zu können. Nicht wie sonst, morgens um 7 Uhr. Ich konnte mir so die Arbeit auch selbst einteilen, da ich manchmal am Vor- und manchmal am Nachmittag keine Zeit hatte.

BZ Bodnegg: Was fandest du sonst vorteilhaft für dich während des Homeschoolings?

Stefanie: Toll fand ich, dass man für Aufgaben mehr Zeit hatte. Oder dass man sich die Aufgaben aufteilen konnte. Zum Beispiel habe ich einen Tag lang nur Mathe oder Deutsch oder Englisch gemacht. So konnte ich mich besser auf die Aufgaben konzentrieren, wie wenn man jede Stunde oder jede zweite Stunde ein anderes Fach hat.

BZ Bodnegg: Wie lief es mit den Lehrerinnen und Lehrern – war etwas anders als sonst?

Stefanie: Wenn man im normalen Unterricht eine Frage hat, kann man sie stellen. Während des Homeschoolings nicht so wirklich. Man konnte den Lehrern aber schreiben. Oder wir machten eine Videokonferenz. Da einigten wir uns auf eine bestimmte Zeit und machten per Moodle einen Videochat. Moodle hat bei mir aber nicht immer einwandfrei funktioniert – bei vielen Leuten gleichzeitig ruckelte es. Was man bei Moodle nur schwer machen konnte, war zum Beispiel mit einer Freundin nebenan kurz zu reden, was sonst halt möglich war.

BZ Bodnegg: Waren Videokonferenzen für dich anstrengend?

Stefanie: Bei den Videokonferenzern ging es, da sie meist nur 45 Minuten oder eine Stunde lang dauerten. Das ist im normalen Unterricht oft anstrengender, da man dort manchmal sehr lange aufmerksam sein muss. Aber einen ganzen Vormittag lang Videokonferenzen zu machen, könnte ich mir nicht vorstellen.

BZ Bodnegg: Deine Meinung: Wäre Schule komplett über Homeschooling möglich?

Stefanie: Nein. Mir würde der Kontakt zu Personen und ganz besonders zu meinen Freunden fehlen. Aber auch in Fächern, wie zum Beispiel Mathe, wo ich einfach mehr Unterstützung benötige. Außerdem fehlt in vielen Fällen der Lehrer, der einen auffordert weiterzumachen, wenn man mal nicht bei der Sache ist. Praktisch fände ich aber, wenn man wie im Homeschooling den Lehrern bei einer schwierigen Aufgabe von zuhause aus direkt Fragen stellen könnte.

BZ Bodnegg: Liebe Stefanie, wir bedanken uns für das Gespräch!